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Foto: unsplash.com - Mateusz Majewski

Abschlussveranstaltung der Kältehilfe – Hilfelandschaft zunehmend komplexer

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Nachdem die Abschlussveranstaltung der Berliner Kältehilfe im letzten Jahr ausfallen musste, fand sie in diesem Jahr digital statt. Im Fokus stand allerdings nicht die Pandemie, sondern vor allem die neu entstandenen 24/7 Unterkünfte. Darüber hinaus wurden auch die medizinische Versorgung obdachloser Menschen, der Zugang zu ASOG-Einrichtungen und die Schwierigkeit, geeignete Immobilien für die Kältehilfe zu finden, thematisiert.

Eindrücke aus Kältehilfeeinrichtungen per Video

Nach der Begrüßung durch Robert Veltmann, Geschäftsführer der GEBEWO, langjährige Veranstalterin dieses Formats, wurde ein Zusammenschnitt mit O-Tönen aus verschiedenen Kältehilfeeinrichtungen gezeigt.  Im Vorfeld waren Akteur*innen gebeten worden, ihre Eindrücke, Sorgen und Wünsche nach dieser Kältehilfeperiode in Form von Videos einzureichen. In den kurzen Beiträgen wurde noch einmal deutlich, wie schwer die Realisierung und Anpassung von Angeboten während der Pandemie war – ein Fakt, den alle Beteiligten in ihren Redebeiträgen noch einmal würdigten. Weitere Themen waren u. a. die sanitäre, medizinische und palliative Versorgung, das Fehlen barrierefreier Unterkünfte und die besondere Rolle der 24/7 Unterkünfte. Das komplette Video ist hier zu sehen.

Diskussionspartner*innen aus Politik und Fachkreisen

Es folgte ein quantitativer und qualitativer Überblick über diese Kältehilfeperiode durch die Koordinierungsstelle der Berliner Kältehilfe. Im Anschluss kamen in einer Podiumsdiskussion auch Barbara Eschen als Direktorin des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Sozialsenatorin Elke Breitenbach, Elisa Lindemann vom AK Wohnungsnot, Bezirksstadtrat aus Friedrichshain-Kreuzberg Knut Mildner-Spindler und Svenja Ketelsen vom Tagestreff Mitte zu Wort. Die Diskussion wurde moderiert von Ingo Bullermann, Geschäftsführer der Neue Chance.

Die besondere Rolle der 24/7 Einrichtungen

Bereits Robert Veltmann verwies zu Beginn darauf, dass aus der pandemiebedingten Not Neues entstanden sei und bezog sich damit auf die Entstehung der 24/7 Unterkünfte wie bspw. in der Storkower Straße, aber auch anderen neuen Angebotsformen wie dem Tagestreff Mitte im Hofbräu Berlin. Auch Jens Aldag betonte in seinem Beitrag die wichtige Rolle, die die 24/7 Unterkünfte in dieser Saison gespielt haben. „Diese umfassende Grundversorgung an einem Ort gibt den obdachlosen Menschen eine große Sicherheit. Die tägliche Sorge ums Schlafen, Essen und sich Aufhalten entfällt und damit auch die täglichen Wanderungen von einer Versorgungsstation zur nächsten. Grade in Zeiten der Pandemie lassen sich hier viele unnötige Wege und damit auch Kontakte vermeiden.“ Er verwies zudem auf die Evaluation der 24/7 Unterkünfte durch das Wissenschaftszentrum Berlin, bei der 82 % der Befragten angaben, dass sie seit ihrem Einzug in die Einrichtung zufriedener oder viel zufriedener mit ihrem Leben sind.

Hilfelandschaft wird komplexer

Der quantitative Überblick durch Clemens Ostermann machte deutlich, dass die Hilfelandschaft der Kältehilfe und deren Erfassung komplexer geworden sind. Insgesamt war die Zahl der Übernachtungen im Vergleich zu den Vorjahren gestiegen. Am 16.03. war mit 1433 Gästen die bisher höchste Gästezahl zu verzeichnen. Im gesamten März waren durchschnittlich 1378 Gäste untergebracht. Das entspricht einem Anstieg von ca. 40 % gegenüber den beiden Vorjahren. Interessant war zu sehen, dass das Angebot der neu geschaffenen 24/7 Plätze nicht zu einem signifikanten Abzug der Nutzer*innen von herkömmlichen Einrichtungen führte.

Podiumsdiskussion mit Blick auf die Zukunft der Kältehilfe

Auch in der anschließenden Podiumsdiskussion, die durch Fragen aus dem Publikum ergänzt wurde ging es darum, inwieweit die neuen 24/7 Unterkünfte auch in Zukunft eine Rolle in der Berliner Kältehilfe spielen werden. Dabei wurde auch die Frage diskutiert, in welchem Verhältnis sie zu anderen Angeboten der Kältehilfe, aber auch anderen Angeboten wie z. B. ASOG-Einrichtungen stehen. Weiter ging es auch um die prekäre medizinische Versorgung obdachloser Menschen, insbesondere bei Krankenhausentlassungen. Verbindliche Antworten auf die durchaus komplexen Fragen konnten in der kurzen Zeit natürlich nicht gefunden werden. Die lebhafte und engagierte Diskussion machte allerdings etwas deutlich, was bereits Jens Aldag zu Beginn betonte: „Wenn wir der Vielfalt der Menschen auf der Straße begegnen wollen, müssen wir auch eine Vielfalt an Angeboten aufrechterhalten. Und wenn wir dann irgendwann einmal mit 100-200 temporären Plätzen in der Kältehilfe auskämen, wären wir einen großen Schritt weiter.“

Wir bedanken uns bei allen Beteiligten der Abschlussveranstaltung, insbesondere den Organisator*innen. Darüber hinaus nutzen wir diesem Moment immer auch, um uns noch einmal bei allen zu bedanken, die die Kältehilfe überhaupt erst möglich machen – engagierte Ehrenamtler*innen, Spender*innen und Kooperationspartner*innen. Ohne Sie wäre die Kältehilfe nicht realisierbar. Danke.

Während einige Angebote der Berliner Kältehilfe bereits seit dem 01. April geschlossen sind, sind andere weiterhin geöffnet. Eine Übersicht gibt es auf kaeltehilfe-berlin.de.

© Foto: Mateusz Majewski on Unsplash