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Berlins einzige Kriseneinrichtung für Frauen* muss bleiben!

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Die Berliner Krisen- und Clearingeinrichtung für Frauen* der Bürgerhilfe ist akut von Schließung bedroht. Mit einem Offenen Brief machen die Mitarbeitenden auf den dringenden Handlungsbedarf aufmerksam und bitten um Unterstützung.

Die Berliner Krisen- und Clearingeinrichtung für Frauen* ist akut von Schließung bedroht! Helft uns, das zu verhindern!

Wir, die Krisen- und Clearingeinrichtung für Frauen*, sind eine von drei noch existierenden Kriseneinrichtungen in Berlin. Als frauen*spezifische Einrichtung der Wohnungsnotfallhilfe, gesetzlich verankert in §§ 67, 68 SGB XII, bieten wir nicht nur in Berlin, sondern in ganz Deutschland ein einzigartiges Hilfsangebot für wohnungslose Frauen* in schweren psychosozialen Notlagen.

Es ist insbesondere die Verbindung der Frauen*spezifik mit der Wohnungsnotfallhilfe, die uns in besonderem Maße auszeichnet, weil wir einen dringend notwendigen Schutzraum für eine hochgradig vulnerable Personengruppe bieten. Schutzräume für (wohnungslose) Frauen* sind unentbehrlich, weil Frauen* aufgrund der noch immer fest verankerten Ungleichheiten in unserer Gesellschaft von struktureller Benachteiligung und vor allem Gewalt betroffen sind.

Der Bedarf an dem Angebot der Krisen- und Clearingeinrichtung für Frauen* ist hoch

Das zeigt vor allem die hohe Zahl an Anfragen, die uns erreichen. Dennoch stehen wir vor dem finanziellen Aus. Hauptgrund dafür ist, dass die beantragten Hilfemaßnahmen für die Frauen* nur für einen kurzen Zeitraum (zum Teil für nur zwei Wochen) bewilligt werden bzw. wir in Einzelfällen keine Bewilligung der Hilfe erhalten. Die Ausgaben für den Erhalt der Einrichtung sind parallel dazu stetig und wir können die fehlenden Belegungen finanziell nicht mehr länger ausgleichen.

Die Betreuung in der Krisen- und Clearingeinrichtung für Frauen* ist im Vergleich zu anderen Hilfemaßnahmen teurer. Dadurch kommen die Sozialämter vermeintlich in finanzielle starke Bedrängnis, da nur ein einziges Budget für alle Angebote der Wohnungsnotfallhilfe in Berlin zur Verfügung steht. Die Sozialämter stehen vor der Herausforderung, das Budget entsprechend einzuteilen sowie Ausgaben einzusparen. Dies geschieht zulasten der Krisen und Clearingeinrichtungen.

Mehr Leistung bedeutet immer auch höhere Kosten

Was beim Blick auf das Budget außer Acht gelassen wird: Unser Angebot mag kostenintensiver sein, aber es leistet auch mehr, als es andere Angebote der Wohnungsnotfallhilfe können. Unsere Hilfen richten sich an Frauen*, die aufgrund ihrer Situation in anderen Angeboten der Wohnungsnotfallhilfe nur unzureichende Unterstützung erhalten. Zum Vergleich: In der Kriseneinrichtung betreut eine Sozialarbeiterin in Vollzeit im Schnitt 2,2 Klientinnen, im Betreuten Einzelwohnen sind es 11,4. In Notübernachtungen und 24/7 Unterkünften stehen noch einmal deutlich weniger personelle Ressourcen für qualifizierte Beratung und Begleitung zur Verfügung, von Krisenintervention ganz zu schweigen.

Zu unserem Leistungsangebot gehören neben der Möglichkeit einer sofortigen (rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr) und niedrigschwelligen Aufnahme:

  • Krisenintervention,
  • professionelle psychosoziale und emotionale Unterstützung und Beratung,
  • Übernahme dringender, administrativer Angelegenheiten,
  • gemeinsame Planung einer LebensperspektiveundVermittlung in eine geeignete Wohnform.

Die von uns betreuten Frauen* sind alle akute Wohnungsnotfälle in psychosozialen Notlagen

Sie befinden sich in einer existenziellen Krise und es ist ihnen nicht möglich, diese aus eigener Kraft zu überwinden. Die psychosozialen Notlagen sind bei jeder Frau* unterschiedlich und individuell. Neben Faktoren wie finanziellen Abhängigkeiten und/oder Arbeitslosigkeit sowie einem fehlenden Zugang zum Sozialsystem und einem fehlenden tragfähigen sozialen Netzwerk beinhalten sie häufig:

  • Gewalterfahrung in Partner*innenschaft und Familie – so waren zwei Drittel der betreuten Frauen* im Jahr 2020 von Gewalt betroffen,
  • Psychische Diagnosen – über  die Hälfte der betreuten Frauen* im Jahr 2020, waren von psychischen Erkrankungen betroffen,
  • Entlassung aus Haft und Maßregelvollzug, Krankenhaus und Psychiatrie,
  • Sucht.

Weil die psychosoziale Notlage neben dem Wohnungsnotfall bei den Frauen* einen relevanten Faktor darstellt, ist die Krisen- und Clearingeinrichtung für Frauen* häufig die einzige Kontaktstelle für die Berliner Krisendienste, die psychiatrischen Abteilungen der Kliniken, Frauen*beratungsstellen sowie für die Berliner Polizei. Ohne unser Angebot bleibt es vielen Frauen* mit dringendem Unterstützungsbedarf verwehrt, ihren Weg in das Berliner Hilfesystem und aus ihrer psychosozialen Notlage, der Drehtür- und oder Gewaltspirale zu finden.

„Sie sorgten dafür, dass ich wieder eine Krankenversicherung hatte. Sie besorgten mir einen Platz im betreuten Wohnen und heute wohne ich wieder in einer eigenen Wohnung, habe alles im Griff und muss keine Angst mehr vor meinem Ex haben, der mir sagte „ohne mich bist du ein nichts“. Dank der Krise bin ich das eben nicht.” (ehemalige Klientin der Kriseneinrichtung)

„Danke für Ihre unbezahlbare Unterstützung nicht nur mit den Behörden umzugehen, sondern auch den Zuspruch um den Mut wieder zu erlangen für mich sich stark zu sein. Danke, dass Sie Tag und Nacht für die Sicherheit gesorgt haben und mit der warmherzigen Art und dem offenen Ohr mitten in der Nacht wo die Sorgen und die Ängste am Größten erschienen.” (ehemalige Klientin der Kriseneinrichtung)

“Wenn es die Kriseneinrichtung für Frauen nicht geben würde, wäre ich nicht weiter ins Betreute Einzelwohnen gekommen, wahrscheinlich hätte ich keine Ausbildung beginnen können. Im schlimmsten Fall wäre ich bei meinen Eltern geblieben und hätte dort stillschweigend gelitten. Vielleicht wäre ich auch in einer Notunterkunft gelandet, das wäre kein Ort für ein 18-jähriges Mädchen gewesen.” (ehemalige Klientin der Kriseneinrichtung)

Die Folgen einer Schließung der Krisen- und Clearingeinrichtung für Frauen* sind massiv

Das einzige Angebot dieser Art fällt weg und damit 16 Plätze für Frauen* in Wohnungsnotfällen und akuten psychosozialen Notlagen. Das sind 16 frauen*spezifische Schutzräume weniger. Und damit jeden Tag 16 Möglichkeiten für Frauen* in Wohnungsnotfällen im Leben einen selbstbestimmten Neustart zu schaffen: Unterstützt durch Sozialarbeiterinnen und Mitarbeiterinnen, welche 365 Tage Tag und Nacht arbeiten, um mit den Frauen* eine Perspektive zu entwickeln.

Jede Frau* hat ein Recht auf gesicherte Wohnverhältnisse sowie ein gewaltfreies und selbstbestimmtes Leben! Die Frauenkrise muss bleiben!  

Wie könnt ihr die Kriseneinrichtung für Frauen* unterstützen?