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Foto: unsplash.com - Chayenne Tessari Zanol

Mehr Solidarität & mehr Mitsprache – Wünsche zum Weltfrauentag

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Auch im Jahr 2020 sind Frauen* weltweit immer noch strukturell benachteiligt oder erleben sogar kontinuierliche Unterdrückung. Auch in Deutschland existiert Ungleichheit auf verschiedenen Ebenen. So werden Frauen* zum Beispiel viel häufiger Opfer häuslicher oder sexualisierter Gewalt und das Armutsrisiko ist für sie höher als für Männer. Rund 25 % der wohnungslosen Menschen sind Frauen*, auch wenn dies öffentlich wenig sichtbar ist. In unserem Verbund sozial.berlin haben wir spezifische Angebote für Frauen*, die wohnungslos sind, sich in einer akuten Notlage befinden und besondere sozialpädagogische und psychologische Unterstützung benötigen. Zum Weltfrauentag haben wir unsere Mitarbeiterinnen gefragt, was sie sich für Frauen* in diesen schwierigen Lebenssituationen wünschen.

„Zum Weltfrauentag wünschen wir uns, dass nicht mehr weggesehen wird und auch nicht mit dem Finger auf andere gezeigt wird. In Deutschland gibt es weiterhin eine große Geschlechterungleichheit und wir sollten uns nicht darauf ausruhen, dass es hier besser läuft als in anderen Ländern. Vielmehr sollten wir anfangen, bereits in der Schulbildung von klein auf die Gleichheit aller Menschen zu lehren.“

Die meisten Frauen* unternehmen erhebliche Anstrengungen, um nicht als wohnungslos erkannt zu werden. Sie leben in sogenannter verdeckter Wohnungslosigkeit und häufig sieht man ihnen ihre existenzielle Not kaum an. Der Wohnungsverlust steht in vielen Fällen im Zusammenhang mit Beziehungskonflikten sowie finanzieller Abhängigkeit und Gewalterfahrungen in Partnerschaft und Familie. Aber auch die strukturelle Benachteiligung vieler Frauen* auf dem Arbeitsmarkt kann zu Armut und in der Folge zum Wohnungsverlust führen.

„Wir wünschen uns, dass Frauen*rechte nicht nur theoretisch vorhanden sind, sondern dass von allen Seiten praktische Unterstützung, umfangreiche Anerkennung und insbesondere die Umsetzung dieses Grundrechtes gelebt wird.“

Nach dem Verlust des Wohnraums, leben Frauen* häufig in unsicheren Wohnverhältnissen, sie kommen beispielsweise bei Bekannten oder Verwandten unter. Wenn das nicht mehr geht, lassen sie sich notgedrungen auch auf das Übernachten bei Zweckpartnerschaften und Zufallsbekanntschaften ein. In diesen Abhängigkeitsverhältnissen kommt es oft zu Übergriffen und Nötigungen. Auf der Straße sind Frauen* besonders stark von sexuellen Übergriffen und Gewalt bedroht. Dabei wenden sie sich in vielen Fällen erst sehr spät an das öffentliche Hilfesystem, unter anderem aus Angst vor Stigmatisierung. Viel häufiger als Männer sind sie in diesen Notlagen von psychischen und psychosomatischen Erkrankungen betroffen und verhalten sich psychisch auffällig. Sie benötigen deshalb verbindliche und spezifische Hilfen, um die Kreisläufe von Abhängigkeit und Gewalt zu durchbrechen.

Ich wünsche mir, dass die Anerkennung der Notlage einer Frau*, die im Hilfesystem landet, auf individueller Basis geschieht und nicht maßgeblich anhand von ökonomischen Gesichtspunkten entschieden wird, wie lange eine Notlage anhält und wann diese beseitigt sein sollte.“

In unserer täglichen Arbeit zeigt sich, wie groß der Bedarf an frauen*spezifischen Angeboten ist. So war beispielsweise unsere Notübernachtung für Frauen* in Berlin 2018 mit 113 % (wie auch in den Vorjahren) mehr als voll ausgelastet und die Anfragen bleiben hoch. Die oftmals traumatisierten Frauen* benötigen verlässliche Hilfen ohne Zugangshürden, die ihnen Schutz bieten und ihrer besonderen Situation gerecht werden. Um die Betroffenen wirksam zu unterstützen, sind der weitere Ausbau und eine sichere Finanzierung frauenspezifischer Angebote dringend notwendig.

„Ich wünsche mir, dass Frauen*, die im Hilfesystem ankommen, die Möglichkeit erhalten, in ihren Anliegen ernstgenommen zu werden. Die Zeit der Stabilisierung, die eine Frau* nach Ankunft im Hilfesystem benötigt sollte individuell und ausreichend sein. Amtsangelegenheiten und weitere Regelungen sollten auf ein Minimum reduziert und für die Hilfebedürftigen verständlich geregelt werden.“

Um Benachteiligung und Ausgrenzung zu bekämpfen braucht es, über den Weltfrauentag hinaus, mehr gesellschaftliches und politisches Bewusstsein für die Benachteiligung von Frauen* und die besonderen Umstände, durch die sie in existenzielle Notlagen geraten.

„Wir wünschen den Frauen* nicht nur zum Weltfrauentag:
– Menschen, die bereit sind zuzuhören und nicht zu bewerten,
– den Mut, sich auf die eigenen Stärken verlassen zu können,
– eine Gesellschaft, die Diskriminierungs- und Ausgrenzungserfahrungen ernst nimmt und sich dagegen einsetzt.

Und zu guter Letzt wir wünschen allen Frauen* Solidarität, gegenseitige Unterstützung und Bandenbildung ;)“

 Spezifische Hilfe für Frauen* in Notsituationen gibt es im Verbund sozial.berlin hier.